Silvester und den Beginn eines neuen Jahres nutzen viele Menschen für gute Vorsätze. Sei das ein plastikreduziertes Leben, eine nachhaltigere Einstellung zu Reisen oder der Sprung zur vegetarischen oder sogar veganen Ernährung. Ich bin inzwischen seit 18 Jahren Vegetarierin, das ist mehr als die Hälfte meines Lebens. Ich habe mir für 2019 vorgenommen, mein Wissen und meine Erfahrungen mehr mit anderen Menschen zu teilen! Deshalb findet ihr in diesem Beitrag meine persönliche Geschichte als Veggie und Tipps für Alltagsmythen und Ernährung.
Das Thema vegetarische und vegane Ernährung ist zum Jahresanfang wie gesagt für viele Menschen besonders aktuell, da sie diese Gelegenheit für gute Vorsätze nutzen möchten. Ich finde das toll und unterstützenswert! Schaut doch mal bei Anja von Travel on Toast, die gerade beschlossen hat, Veggie zu werden. Bei Mia von Heylilahey findet ihr Tipps für den Veganuary, bei dem Menschen ausprobieren, im Januar vegan zu essen. Wenn ihr noch weitere Lesevorschläge habt oder selbst über das Thema schreibt, lasst es mich gern wissen!
Ich werde gelegentlich gefragt, warum ich eigentlich keine Tiere esse. Dafür gibt es mehrere Gründe, die letztendlich alle dazu geführt haben, dass ich Veggie geworden (und geblieben) bin.
Empathie, Tierleid & Hochsensibilität
Ich bin hochsensibel und habe ein starkes Einfühlungsvermögen für andere Lebewesen. Dazu gehören nicht nur Menschen sondern auch Tiere. Ich möchte so wenig unnötiges Leid verursachen, wie es mir persönlich möglich ist. Von Massentierhaltungen und grausamen Schlachtmethoden möchte ich an dieser Stelle nicht reden. Das ist alles bekannt und gut dokumentiert. Unter anderem wegen dem enormen Tierleid, das in der Fleischindustrie verursacht wird, habe ich mich mit 14 Jahren endgültig entschieden, keine Lebewesen mehr zu essen. Mein Opa war Metzger, für mich war Schlachten und Tod keine abstrakte Vorstellung sondern Realität. Ich habe einmal zugeschaut, wie ein komplettes Schwein in unserer Küche zerlegt wurde. Für mich ist es allein deshalb schon konsequent, keine Tiere zu essen, weil ich sie selbst nicht töten könnte. Ich finde schon das Gefühl, Fleisch zu schneiden, absolut grauenhaft. Ich könnte kein Tier absichtlich töten, nur weil ich Salami auf meiner Semmel essen möchte statt Pesto.
Schon mit acht Jahren habe ich meine Bedenken gegenüber Fleisch geäußert. Mit zehn habe ich nur noch ab und zu Hühnchen gegessen und wollte schließlich gar kein Fleisch mehr essen. Damals war ein Veggie-Lebensstil noch nicht so stark in der Gesellschaft angekommen wie heute und es war eine intensive Diskussion mit meinen Eltern und Großeltern. Wer auf dem bayerischen Land aufgewachsen ist, weiß wahrscheinlich, was ich meine. Fleisch wurde als essentiell und gesund angesehen, als etwas unverzichtbares für die Entwicklung. Das ist heute alles widerlegt und selbst in bayerischen Wirtschaften ist vegan oft kein Fremdwort mehr. Erst als ich 14 Jahre wurde, haben meine Eltern zugestimmt, dass ich gar kein Fleisch mehr esse. Allerdings war es bei uns sowieso nicht üblich, jeden Tag Fleisch zu essen. Es gab durchaus vegetarische oder vegane Gerichte wie Linseneintopf, die bei uns oft auf den Tisch kamen.
Gezwungen wurde ich außerdem nicht, Fleisch zu essen. Meine Eltern waren in großer Sorge über meine körperliche Entwicklung und ich habe es ihnen zuliebe gegessen, bis ich 14 wurde. Das mag für euch seltsam klingen, aber ich hatte als Kind extremes Untergewicht und musste jahrelang jeden Tag ärztlich verordnete Zusatz-Flüssignahrung zu mir nehmen, um Gewicht zuzulegen. Da waren die Bedenken meiner Elteren eventuell nicht ganz aus der Luft gegriffen. Noch dazu konnte ich ja damals nicht wirklich selber kochen. Ich habe erst kochen gelernt, nachdem ich meine eigene Wohnung hatte und mich fast ein Jahr lang hauptsächlich von Nudeln mit Tomatensauce ernährt habe. Das hing mir dann so zum Hals raus, dass ich mir das Kochen selbst beigebracht habe und innerhalb von kurzer Zeit leckere Gerichte zubereiten konnte. Ab diesem Zeitpunkt hat mir die vegetarische Ernährung auch großen Spaß gemacht!
Der Schritt zur komplett veganen Lebensweise war mir aus verschiedenen Gründen nicht möglich, ich koche aber zu 80% vegan. Auf Milchprodukte zu verzichten fällt mir zwar rein von der Willenskraft her nicht so schwer (höchstens auf Käse), aber da ich auf Soja und diverse andere Lebensmittel allergisch bin, sind für mich viele Eiweißquellen und Produkte tabu. Ich habe gemerkt, dass das vegane Leben mit zahlreichen Lebensmittelallergien bei mir persönlich nicht so gut hinhaut. Ich hatte manchmal das Gefühl, gar nichts mehr essen zu können, weil ständig Produkte schlimme Allergieanfälle ausgelöst haben. Und wenn einem der Spaß an der Ernährung verloren geht, läuft etwas schief.
Deshalb auch mein Tipp an euch: fangt langsam mit der Umstellung an. Schaut genau, was euch gut tut und was sich für euch persönlich umsetzen lässt. Sowohl was das Verzichtempfinden angeht, als auch die persönliche Gesundheit.
Tiere zu töten ist in unserer Gesellschaft unnötig
In Europa haben wir größtenteils das große Glück, auf eine enorme Auswahl an Produkten zurückgreifen zu können. Als Veggie zu leben ist sicherlich bis zu einem gewissen Grad ein Luxus. Manche Menschen können sich nicht aussuchen, was sie essen möchten. Sei es aus gesundheitlichen oder aus gesellschaftlichen, sozialen oder strukturellen Gründen. Auch in den ärmsten Ländern, die ich bereist habe (zum Beispiel Nepal) gibt es viele Vegetarier*innen und sogar Veganer*innen. Manche Religionen wie der Buddhismus unterstützen diese Lebensweise sogar und führen dazu, dass viele Bewohner*innen eines Landes vegetarisch oder vegan leben. Wer in der Umgebung eine große Vielfalt an heimischem Obst und Gemüse vorfindet, hat es natürlich leichter. Bewohner*innen der Arktis wie die Inuit haben diesen Vorteil nicht. Ich möchte deshalb nicht sagen: jeder Mensch auf diesem Planeten kann und soll ausschließlich vegetarisch oder vegan leben. Das ist wahrscheinlich nicht umsetzbar.
Doch das bedeutet nicht, dass jeder Mensch große Mengen an Fleisch verzehren muss. Noch dazu nur die “besten” Stücke, während der Großteil eines getöteten Lebewesens im Abfall landet. Ich finde deshalb die “from nose to tail” Bewegung grundsätzlich gut, bei der das gesamte Tier verwertet wird. Wenn schon Tiere getötet werden, dann esst doch bitte alles und nicht nur die Filets. Wer nach dem Motto argumentiert: “Aber wir haben doch schon immer Fleisch gegessen!” sollte ernsthaft darüber nachdenken, wie viel und welche Stücke vom Tier früher gegessen wurden. Das ist in keinster Weise mit dem Massenkonsum von heute vergleichbar. Fleisch war auch oft den Reicheren vorbehalten und wurde nur zu besonderen Anlässen gegessen. Meine Oma hat sich übrigens größtenteils vegan ernährt, wie viele andere Menschen während des 2. Weltkriegs und in der Nachkriegszeit. Dass Fleisch für jede*n verfügbar wurde, kam erst mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und war keine überlebenswichtige Notwendigkeit!
In meiner Heimat gibt es für mich heute keinen vernünftigen Grund, Tiere zu töten. Ich kann mich ohne Fleisch und Fisch abwechslungsreich, gesund und lecker ernähren.
Mir fehlt als Veggie nichts!
Mit Vitamin-Mangelerscheinungen hatte ich übrigens in 18 Jahren noch nie ein Problem. Ich nehme nur Vitamin B12 Lutschtabletten (da B12 über die Schleimhäute aufgenommen wird, bitte keine Kapseln schlucken!). Andere Vitamine habe ich nie regelmäßig zu mir genommen und mein Blutbild sieht seit 18 Jahren immer gut aus. Wer jetzt als Fleischesser*in sagt “Aha, ohne Tabletten geht es also bei Veggies nicht!” muss Folgendes bedenken: Schlachtvieh erhält mit dem Futter einen Vitaminmix, in dem unter anderem B12 enthalten ist. Fleischesser*innen nehmen also ebenfalls Vitamine zu sich, mit denen das Tierfleisch erst künstlich angereichert wurde.
Mir fehlt auch in Bezug auf die Vielfalt und den Geschmack kein Fleisch oder Fisch. Es gibt inzwischen hervorragende Käsealternativen, die fermentiert und/oder gereift sind (zum Beispiel aus Cashew-Nüssen). Ansonsten esse ich statt Käse einfach öfter mal Hummus oder Pesto. Wer viel selbst kocht, auf Fertigprodukte verzichtet und ein bisschen Kreativität mitbringt, merkt nach kurzer Zeit den angeblichen Verzicht gar nicht mehr. Ich habe meine vegetarische Ernährung nie als Verzicht empfunden, auch am Anfang nicht. Weder habe ich Bratwürsten hinterhergetrauert, noch der Weihnachtsgans oder dem Fischfilet. Ich mochte das alles schon vorher nicht besonders gern, weder geschmacklich noch in Hinblick auf nostalgische Erinnerungen. Wie gesagt war der Konsum von Fleisch in unserer Familie immer verknüpft mit Schlachtungen und allein deshalb schon für mich eher negativ als positiv!
Mein Tipp für euch: wenn euch ein bestimmtes Produkt als Veggie fehlt und ihr das Gefühl habt, ihr könnt es schwer oder gar nicht ersetzen, nehmt euch Zeit. Probiert verschiedene Alternativen aus, bis ihr die richtige für euch findet.
Wer einmal einen Kaffee mit Hafermilch trinkt und ihn ekelhaft findet, muss nicht sofort wieder auf Kuhmilch umsteigen. Es gibt Haselnuss- und Mandelmilch, die mit ihrer cremigen Konsistenz und dem nussigen Geschmack sehr gut zum Kaffee passen. Wer gern mit Freund*innen grillt und keine trockenen Sojawürstchen mag, könnte saftige Portobello-Pilze toll finden. Ich erinnere mich an einen Grillabend diesen Sommer, wo ich die einzige Vegetarierin unter 15 Personen war, und schließlich meine gefüllten Portobellos mit allen geteilt habe, die ihr Grillfleisch plötzlich langweilig fanden. Nachgemachte “Fake” Produkte schmecken mir oft gar nicht. Meist werden sie von Fleischesser*innen mit dem “Original” verglichen und können dann in der Wertung auch nicht mithalten. Es ist besser, sich eine kreative Alternative zu suchen, die noch besser schmeckt!
Einige Veggie-Alternativen
Meine Freundin Sarah hat eine Grafik gemacht, wie man tierische Produkte vegan ersetzen kann:
Hier findet ihr noch mehr Tipps:
- Milch: Hafermilch, Sojamilch, Nussmilch (Mandel, Haselnuss, Cashew), Kokosmilch, Reisdrink…
- Sahne: Kokos- oder Sojasahne (die man auch steif schlagen kann)
- Butter: Alsan (hochwertige Margarine) oder Olivenöl
- Eiweiß: Aquafaba (das Wasser, in dem Kichererbsen in Glas oder Dose eingeweicht sind – es lässt sich wie Eischnee schlagen und verwenden, sogar Macarons, Mousse und Baiser kann man damit machen)
- Joghurt: Soja- oder Kokos-Joghurt
- Eier beim Backen: pro Ei im Rezept einfach 1-2 EL Apfelmus und 1 TL Maisstärke nehmen, das gibt ebenfalls Feuchtigkeit und Bindung.
- Rührei: Seidentofu (weicher Tofu) mit Kurkuma und Kala Namak Salz (so wird es gelb und schmeckt leicht schwefelig durch das Salz!)
- Käse: gereifter Cashew-Käse, Hummus und Pesto (aufs Brot), veganer Parmesan (für Nudeln), Hefeschmelz und Cashew- oder Mandelmus (zum Beispiel auf der Pizza)
- Speck: scharf angebratener Räuchertofu oder große Stücke geriebene Kokosnuss mit Tamarisauce, etwas Öl, geräuchertem Paprikapulver, Salz und Ahornsirup marinieren und dann im Ofen knusprig backen
- Geschnetzeltes: in Stücke geschnittener Seitan
- Burger: aus Kidneybohnen, Portobello-Pilzen oder Tofu lassen sich saftige Patties herstellen
- Hackfleisch: aus Sojagranulat oder Lupinenschrot
- Grillfleisch: marinierter Seitan, Gemüsespieße, gefüllte Portobello-Pilze, gebackene halbierte Süsskartoffeln, marinierte Paprika und Zucchini
- Worcestershiresauce: Sojasauce- oder Tamari
- Fischsauce: Sojasauce mit Nori-Algenflocken
- Fischbrühe: Nori-Algenblätter im Gemüsefond mitkochen lassen
Fehlen euch noch Produkte? Ich ergänze die Liste auch gern mit weiteren Veggie-Vorschlägen. Im Prinzip kann man für alles eine leckere Alternative finden und manche Produkte werdet ihr erstaunlicherweise gar nicht vermissen!
18 Jahre Veggie: mein Fazit!
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir Fleisch und Fisch noch nie besonders gut geschmeckt haben. Womöglich auch, weil ich weiß, welches Leid damit verbunden ist (beim Todesschrei eines Schweins kann einem schnell der Appetit vergehen!). Ich möchte nicht für den Tod von Tieren verantwortlich sein, nur weil mir die zahlreichen Alternativprodukte nicht gut genug sind. Ich bin gesund – meine Blutwerte sind toll, ich halte mein Gewicht seit vielen Jahren ohne viel Sport machen zu müssen und ich fühle mich wohl. Deshalb werde ich mich auch weiterhin vegetarisch und so gut es geht vegan ernähren.
Ich hoffe, dass euch dieser Beitrag weiterhilft und vielleicht sogar bei der ein oder anderen Person einen Denkanstoß gibt. Selbst wenn ihr nur Butter ersetzt oder mal vegane Burger ausprobiert, ist das schon ein toller Schritt in die richtige Richtung. Jede*r Veggie ist auch mal den ersten Schritt gegangen und hat einen Prozess begonnen. Ich möchte niemand für eine Lebensweise verurteilen oder einen Vorwurf machen sondern hoffe, dass ich mit inzwischen über 1000 Rezepten auf diesem Blog dazu beitrage, dass mehr vegetarisch und vegan gekocht wird. Oder dass ihr eines der zahlreichen Veggie-Restaurants auf der ganzen Welt besucht, ein vegetarisches Nationalgericht probiert oder in eine Stadt reist, die besonders Veggie-freundlich ist.
2 Comments
Lena
2. Januar 2019 at 10:04Liebe Ela, ich sehe das wie du: Vegetarisch ist ziemlich einfach. Für mich ist es eher kompliziert und aufwendig, mit Fleisch zu kochen. Ich habe leider auch schon oft das Argument gehört, das vegan/vegetarisch teurer sei. Da kann ich nur immer wieder den Kopf schütteln.
Ich denke, jeder, der klein anfängt und vielleicht nur 1-2 mal die Woche Fleisch ist, kann schon etwas gutes tun, sich selbst im Zuge der eigenen Gesundheit und ebenfalls für die Nachhaltigkeit der Erde.
Liebe Grüße, Lena
Ela
2. Januar 2019 at 10:06Lieben Dank für deinen Kommentar, Lena! Jeder Schritt in die richtige Richtung ist wichtig. Und wenn man es mal ausprobiert hat, merkt man schnell, dass es nicht so kompliziert ist, vegetarisch oder sogar vegan zu kochen 🙂
Liebe Grüße und ein schönes neues Jahr wünsch ich dir!
Ela