Als ich meine Reise nach Rumänien geplant habe, war von Anfang an klar, dass ich unbedingt in die Karpaten möchte. Wenn man wenig Zeit hat und keine mehrtägigen Wanderungen in entlegenen Nationalparks machen kann, ist die Transfagarasan die beste Option, um das beeindruckende Gebirge in Rumänien zu erleben. Auf Deutsch heißt sie Transfogarascher Hochstraße, ich werde sie hier trotzdem beim rumänischen Namen Transfăgărășan nennen.
Die atemberaubende Panoramastraße verbindet die Walachei mit Transsylvanien und führt dabei mitten durch das Fagaras-Gebirge in den Südkarpaten. Ihre offizielle Straßenbezeichnung ist DN 7C, aber ihr findet sie auf Google Maps natürlich als Transfagarasan. Man kann mit dem Auto direkt entlang der Straße zahlreiche schöne Aussichtspunkte und den Balea-See erreichen, sowie eine Seilbahn vom Wasserfall zum See. Deshalb habe ich zu Anfang gleich drei Tipps für euch:
- Eine Unterkunft in der Nähe suchen!
- Bei Sonnenaufgang hochfahren und am frühen Nachmittag wieder zurück – so umgeht ihr die kilometerlangen Staus.
- Den Balea-See von einem der umliegenden Gipfel betrachten.
Unterkunft an der Transfagarasan
Ich habe lange recherchiert. Einerseits wollte ich möglichst nah an der Hochstraße sein, andererseits nicht allzu touristisch unterkommen. Während ich auf unserer Rumänien-Reise sonst Apartements bzw. Airbnbs gebucht habe, war ich diesmal in einem Homestay bei einer Familie. Das bedeutet nicht automatisch, dass es günstiger ist – vor allem, wenn Halbpension dabei ist. Da die Restaurants entlang der Hochstraße oft sehr touristisch sind und ich als Veggie und Allergikerin oft schon in Städten aufpassen muss, habe ich die Familie vorab genau informiert, was ich essen kann und darauf wurde toll Rücksicht genommen.
Mir war wichtig, eine schöne Unterkunft zu beziehen. Deshalb habe ich mich für die etwas hochpreisigere Casa Mosului entschieden, die einen traumhaften Garten und Zimmer mit Bergblick hat. Die Enttäuschung war dann aber groß, als ich im einzigen Erdgeschoss-Dreier-Zimmer untergebracht wurde, obwohl ich ein Doppelzimmer gebucht hatte. Passt also bei der Reservierung auf, dass ihr wirklich das Zimmer bekommt, das ihr möchtet. Zu zweit bezahlt man der Hochsaison etwa 60 Euro pro Nacht.
Ansonsten habe ich mich in der Unterkunft sehr wohl gefühlt. Es gibt nur eine Handvoll Zimmer, die anderen Gäste waren sehr freundlich und die Gemeinschaftsräume sind einfach toll eingerichtet. Am Abend sitzt man auf der Terrasse und bekommt hausgemachte Köstlichkeiten serviert. Es war für die Familie kein Problem, vegan zu kochen. In Rumänien ist diese Ernährungsweise gut bekannt als “de post”, Fastenessen. Wer fastet, isst nämlich keinerlei tierische Produkte. Ich habe tolle Salate, Zacusca oder Kartoffeln mit Sauerrahm bekommen, so dass teilweise sogar die anderen Gäste mit Fleischgerichten neidisch wurden. Besonders lecker war ein veganer Salat mit Süsskartoffeln, Bohnen und Mais. Für Veganer*innen kann ich die Unterkunft also sehr empfehlen.
Im Garten leben Hühner und zwei Hähne, die frei herumlaufen und zutraulich sind. Zwischen den Obstbäumen sind Hängematten gespannt und auf der schattigen Terrasse kann man auf einer bequemen Couch Platz nehmen. Es ist wirklich ein kleines Paradies!
Die Familie wohnt in einem Haus nebenan und ist sehr herzlich. Die Tochter spricht Englisch und betreut Website und Emails, während die Eltern kochen bzw. die Gäste bewirten. Der Großvater spricht ein paar Worte Deutsch und sehr wenig Englisch, aber wir konnten uns immer irgendwie mit ihm verständigen. Die Casa Mosului liegt in einem Dorf entlang der DN 7C, man ist in ca. 20 Minuten am “schönen” Teil der Transfagarasan. Es gibt zwar Homestays, Hotels und Campingplätze, die näher dran sind, aber ich war trotzdem mehr als zufrieden mit unserer Wahl.
Sehenswürdigkeiten entlang der Transfagarasan
Eines vorweg: man kann hier sicher eine gute Woche oder noch länger verbringen! Ich war drei Nächte dort und das war zu kurz. Allerdings hat man irgendwann auch genug von den Serpentinen, die auf Dauer ziemlich heftig sind. Wenn man jeden Tag rauf und runter fährt, ist es eine Herausforderung (wenn ihr schnell “seekrank” werdet, passt besonders auf). Wenn ihr länger dort sein wollt, empfehle ich eine mehrtägige Wanderung, bei der man dann eine oder mehrere Nächte auf einer Berghütte verbringt.
Der Balea-Wasserfall
Die erste Sehenswürdigkeit ist die Talstation der Seilbahn – dort gibt es Parkplätze und man kann eine ca. 30-45minütige Wanderung zum Balea-Wasserfall machen. Wer fit ist, kann auch von dort aus weiter zum Balea-See aufsteigen und dann zum Beispiel mit der Seilbahn wieder hinunter fahren. Das sind aber einige (!) Höhenmeter und ein Teil führt an der Serpentinenstraße entlang, was einfach nicht so schön ist. Ich fand es schon zum Wasserfall anstrengend und der Weg war am letzten Stück definitiv nicht besonders gut ausgebaut. Das ist grundsätzlich ein Problem in Rumänien: Selbst “einfache” Wanderungen können schnell zur Herausforderung werden, weil viele Höhenmeter zu bezwingen sind und ein umgestürzter Baum oder ein Erdrutsch den schmalen Pfad versperrt…
Ich habe auf dieser kurzen Wanderung Familien mit kleinen Kindern in FlipFlops gesehen und Influencer in Sommerkleidchen und Sandalen. Bitte zieht euch gescheite Wanderschuhe an, selbst diese Wanderung ist stellenweise herausfordernd! An manchen Stellen wäre ich fast umgekehrt. Mehrmals dachte ich, jemand vor oder hinter mir stürzt gleich von den steilen Felsen ab, einmal konnte ich sehen wie ein Vater seine Tochter gerade noch an der Hand gepackt hat, bevor sie fast hintenüber gestürzt wäre… Da sich der Wasserfall im Tal befindet, ist es dort auch früher dunkel als z.B. am Balea-See.
Der Wasserfall an sich ist spektakulär. Damit ihr seht, wie riesig er ist, gibt es ausnahmsweise mal wieder ein Foto von mir. Der Wasserfall ist definitiv überlaufen, das ist im Prinizp die Wanderung, die einfach ALLE machen, die zur Transfagarasan fahren. Deshalb macht es am besten nicht zwischen 10 und 15 Uhr, wenn ihr euch nicht mit den Massen über den Weg schieben wollt. Wir waren gegen 16.30 Uhr dort und selbst da war es noch recht voll.
Aussichtspunkt und oberer Teil des Wasserfalls
Ich bin anschließend mit dem Auto weitergefahren zu einem Aussichtspunkt oberhalb des Wasserfalls. Passt gut auf, es gibt eine winzige Haltebucht, von der aus man den Wasserfall aus einiger Entfernung gut hinab ins Tal stürzen sieht. Direkt oberhalb des Wasserfalls gibt es einen größeren Parkplatz und ein Wildcamper-Areal. Wer mit Bus oder Wohnmobil unterwegs ist, kann sich theoretisch dort hinstellen. Aber ehrlich gesagt: ich fand es einfach nur ekelhaft. Überall roch es unangenehm und es lag Klopapier herum, selbst direkt am Fluss. Es gibt dort keine sanitären Anlagen, keine Mülltonnen. Der Platz ist nicht für Wildcamper ausgelegt und ich finde es unmöglich, die Natur dort so zu strapazieren. Außerdem sollte man in der Dämmerung bzw. nachts gut aufpassen, da es wilde Bären gibt, die ungesicherte Lebensmittelvorräte oder Müll durchsuchen.
Um zum Fluss zu kommen, muss man mitten durch den provisorischen Campingplatz. In einiger Entfernung fährt die Seilbahn entlang. Es gibt einige große Steine mitten im Fluß – und natürlich wieder jede Menge Influencer-Fotoshootings, wie schon am Balea-Wasserfall… Ich bin dann schnell weitergefahren und empfehle deshalb diesen Ort nur bedingt. Hier ist Overtourism definitiv das Stichwort. Einen schönen Ausblick auf die Berge und ins Tal hat man trotzdem.
Die Serpentinen-Straße und der Balea-See
Ich bin am nächsten Morgen sehr früh direkt hoch zum Balea-See gefahren. Es war kaum ein Auto unterwegs, so dass die Anfahrt kein Problem war. Zwar liegen das Tal und der See dann noch im Schatten, aber wenn das eigentliche Ziel einer der umliegenden Gipfel ist, macht das nichts – später hat man einen tollen Blick mit Morgensonne. Auf den berühmten Serpentinen, die sich vom Hochplateau zum Balea-Gipfel schlängeln, sind morgens einige Schafsherden unterwegs. Fahrt also langsam und passt genau auf, ob nicht plötzlich welche auf die Straße springen.
Ich musste zweimal anhalten, weil Schafsherden die Straße gekreuzt haben. Es ist faszinierend, wie sie die steilen Hänge erklimmen oder hinabsteigen… Allerdings stürzen auch immer wieder Schafe und brechen sich ein Bein. Sie müssen dann versuchen, mit der Herde mitzuhumpeln – ein herzzerreissender Anblick! Die Schäfer (in der Regel männlich) besitzen übrigens nicht unbedingt die Schafe, sondern hüten nur die gesammelten Tiere eines Dorfes. Sie machen auch oft den Schafskäse selbst, den man überall in Transsylvanien bekommt.
Von oben hat man dann einen tollen Blick auf die Serpentinenstraße. Die meisten berühmten Fotos, die man online findet, sind allerdings von einem der umliegenden Gipfel bzw. Wanderwege aufgenommen und nicht direkt hinter dem Balea-See. Früh morgens liegt das Tal wie gesagt auch noch im Schatten, am schönsten stelle ich es mir ehrlich gesagt zu Sonnenuntergang vor. So lange bin ich nicht geblieben, da ich nicht in den Stau kommen wollte.
Der Balea-See ist schön, aber nicht so beeindruckend, wie ich eigentlich dachte. Ein paar Aufnahmen vom Sonnenaufgang habe ich trotzdem gemacht, auch wenn ich es natürlich nicht so einfangen kann, wie es wirklich aussah… Die Sonne hat sich im See gespiegelt!
In der Stoßzeit ist er aus der Ferne definitiv schöner, zum Beispiel wenn man von einem der steilen Gipfel hinunter blickt. Richtig schlimm wird es zwischen 10 und 16 Uhr, wenn die Parkplätze randvoll sind und die komplette Straße verstopft ist. Reisebusse ohne Ende und eine Menschenmasse, vor der man nur noch flüchten möchte. Entlang der Straße gibt es Essensbuden und ein Restaurant mit unfreundlichem Service. Ich sag es ganz ehrlich: haltet euch zu den Stoßzeiten vom See fern, das ist kein Spaß.
Ich bin früh morgens in der Kälte aufgebrochen und habe erstmal den See “umrundet”. Ein Wanderweg führt am Ufer entlang immer höher hinauf, bis man schließlich einen schönen Aussichtspunkt erreicht. Wenn die Sonne dann hinter den Bergen hervorkommt, wird es wärmer und alles ist in ein schönes Licht getaucht. Die Wanderung war vom Schwierigkeitsgrad her in Ordnung, es sind aber dennoch einige Höhenmeter zurückzulegen. Man hat dann an einer Weggabelung an einem Bergrücken die Möglichkeit, entweder weiter hinaufzusteigen oder wieder auf der anderen Seite Richtung See hinabzugehen.
Ich bin noch weiter hinauf bis zu einem Hochplatea gegangen. Das war stellenweise eine absolute Herausforderung, der Weg ist schmal, voller Geröll und nicht gut ausgebaut. Wer Höhenangst hat, sollte hier nirgendwo aufsteigen. Dass viele Familien mit Kindern in Turnschuhen unterwegs waren, fand ich teilweise auch etwas fahrlässig, denn der Weg war stellenweise wirklich herausfordernd – selbst wenn man öfter wandern geht und nicht nur einmal im Jahr beim Familienurlaub.
Umso schöner war es, endlich oben auf dem atemberaubenden Hochplateau anzukommen. Ich habe selten in meinem Leben so einen schönen Ort gesehen. Absolut ruhig und einsam, kaum andere Menschen und dafür der Blick in vier verschiedene, menschenleere Täler. Es hat mir absolut widerstrebt, zurück in das vollgestopfte Tal rund um den Balea-See zurückzukehren. Sehnsüchtig schaute ich den Wandernden nach, die für eine mehrtägige Hüttentour ins nächste Tal hinab gestiegen sind. Es lohnt sich in jedem Fall, das Hochplatea an allen Seiten abzugehen und die Aussichtspunkte zu genießen.
Die andere Seite der Transfagarasan
Vom Balea-See aus muss man einen Tunnel durchfahren – auf der anderen Seite gibt es nochmal verschiedene Aussichtspunkte, die einen schönen Blick auf die Serpentinenstraße zeigen. Dann geht es wieder bergab. Entlang der Straße gibt es immer wieder Wanderwege oder weitere Wasserfälle. Bringt ruhig für diese Seite der Transfagarasan nochmal etwas Zeit mit! Selbst wenn ihr dort nicht wandern gehen könnt, fahrt auf jeden Fall die Serpentinen hinunter und schaut einfach aus dem Fenster. Es ist wirklich schön und lohnt sich. Wenn ihr zu zweit seid, wechselt euch mit dem Fahren ab, so dass eine Person gucken kann während die andere fährt. Wenn es eine Haltebucht gibt, einfach mal anhalten – meist gibt es dort einen schönen Ausblick.
Staudamm Barajul Vidraru
Ich bin anschließend fast 70 km die Straße entlang gefahren, um zu einem Staudamm namens “Barajul Vidraru” zu gelangen. Der war durchaus beeindruckend, aber ehrlich gesagt die endlose, kurvige Fahrt nicht wert., wenn man wenig Zeit hat. Es geht konstant durch bewaldetes Gebiet, ihr seht den Stausee deshalb nicht und es gibt auch keine Aussichtspunkte zum Anhalten. Auch am Staudamm sind keine schönen Cafes sondern nur ein paar Buden. Noch ein ganzes Stück weiter befindet sich eine alte Burg (Poenari) und ein Wandergebiet. Aber wenn ihr wenig Zeit habt, lasst diesen Teil der Transfagarasan aus.
Fazit: Ein absolutes Muss bei einer Transsylvanien-Reise!
Die Transfagarasan und vor allem die Wanderung zum Hochplateau waren unter anderem meine schönsten Erlebnisse in Rumänien. Zwar sind die Sehenswürdigkeiten überlaufen, aber wenn ihr fit seid und anspruchsvolle Wanderungen machen könnt, werdet ihr davon wenig mitbekommen. Wichtig ist, die Hotspots zu Stoßzeiten zu meiden. Dann werdet ihr die Transfagarasan als das erleben, was sie ist: eine der schönsten Panoramastraßen der Welt!
No Comments