Sighisoara, auch bekannt als Schäßburg, ist die einzige Stadt auf meiner Reise durch Rumänien, die mein Herz nicht erobern konnte. Ich sag es euch ganz ehrlich: es war kein schöner Aufenthalt. Ich habe lang überlegt, ob ich euch überhaupt darüber berichte. Letztendlich habe ich mich dazu entschlossen, weil es bei vielen Personen auf der Must See Liste steht und ich euch zumindest ehrlich berichten will, wie ich es fand. So könnt ihr euch genau überlegen, ob ihr hinfahren wollt. Und falls ihr hin möchtet, gibt es dennoch einige Tipps, wie ihr das beste aus eurem Aufenthalt herausholt…
Grundsätzlich ist Sighisoara wunderschön. Eine tolle Altstadt mit vielen schönen Türmen, Aussichtspunkten, Cafes und Kopfsteinpflaster in den Gassen. Es dürfen keine Autos in die Altstadt fahren. Bis auf ein paar Lieferfahrzeuge und Taxis ist sie praktisch autofrei. Das klingt doch erst mal toll, oder? Jetzt kommt das große “Aber”…
Sighisoara ist völlig überlaufen. Zumindest in der Hochsaison im August war es praktisch unerträglich. Unmengen an Menschen schieben sich durch die engen Gassen der Altstadt. Ehrlich gesagt war es noch krasser als Schloss Bran, vor dem es mich beim Anblick der Menschenmassen ja auch schon gegraut hat. Ich weiss nicht, ob es an der Reisezeit (August) lag oder ob es sich inzwischen einfach herumgesprochen hat, dass Schässburg einen Besuch wert ist? Eine Freundin war vor ein paar Jahren dort und meinte, es war überhaupt nicht touristisch. Heute findet man an jeder Ecke nur noch Touri-Restaurants, Touri-Shops mit Souvenirs und vor allem: unglaublich viele Menschen. Busgruppen, Instagram-Influencer und Co, das volle Programm! Es ist praktisch unmöglich, nicht alle paar Sekunden von jemand fotografiert zu werden, weil man im Weg steht.
Zudem merkt man auch, dass die Einheimischen keine Lust mehr auf so viele Menschen haben. Nirgendwo sonst wurden wir so unfreundlich behandelt. Sei es Personal in Restaurants oder in Souvenir-Shops: alle sind genervt. Ich kann es verstehen. Aber es macht mich traurig, denn Rumänien ist so ein gastfreundliches und herzliches Land! Sighisoara wird dem definitiv nicht mehr gerecht. Der Begriff “Overtourism” wird Sighisoara leider gerecht.
1. Tipp: Nicht im Zentrum der Festung übernachten sondern am Rand!
Ehrlich gesagt war ich auf die Menschenmassen nicht vorbereitet. Dementsprechend habe ich auch einen fatalen Fehler gemacht: ein Hotel mitten am Burgplatz zu buchen! Es war bis spät nachts (ca. 1 Uhr) unerträglich laut, weil direkt unter unserem Fenster ein Restaurant war, am Platz Musiker*innen gespielt haben und einfach immer noch so viele Menschen unterwegs waren. Es gibt Pensionen, die etwas mehr Richtung Festungsmauer gelegen sind – die wären sicherlich die bessere Wahl gewesen als der Burgplatz. Ansonsten gibt es noch die Alternative, in der Unterstadt zu wohnen. Die ist aber natürlich nicht so hübsch…
2. Tipp: Sehenswürdigkeiten früh morgens anschauen!
Ab etwa 9 Uhr schwärmen die ersten Busgruppen durch die Gassen. Schlagartig wird es voller, ab 10 Uhr ist es einfach nur noch eine Qual und das lässt auch am Abend nicht nach. Ich hatte gelesen, dass man abends die Festung für sich hat – leider stimmt das nicht mehr, oder zumindest nicht im August. Es war unglaublich voll. Deshalb musste ich auf eine verhasste Methode zurückgreifen: ich bin um 6 Uhr morgens aufgestanden und ohne Frühstück losgezogen, um mir die Altstadt anzugucken. Wie ihr auf den Fotos in diesem Beitrag sehen könnt, hatte ich die Stadt zwischen 6.30 und 7.30 Uhr wirklich für mich. Leider hat es aber geregnet und war überhaupt nicht schön… Außerdem war ich sehr müde. Ich schlafe im Urlaub lieber aus. Wem jedoch schöne Fotos oder eine ruhige Erkundungstour durch die Altstadt wichtig sind, sollte sich diesen Tipp zu Herzen nehmen.
3. Tipp: Essenszeiten fürs Anstellen nutzen
Zu Mittag schwärmen die Busgruppen in Restaurants. Nutzt die Zeit und geht zu Sehenswürdigkeiten wie Museen oder dem Stundturm, wo man sich anstellen muss, weil es Eintritt kostet. Es sind definitiv weniger Menschen dort, auch wenn einem das im ersten Moment nicht so vorkommen mag… Es ist und bleibt voll, denn die Altstadt ist klein und hat einfach nur eine bestimmte Kapazität. Dafür hat man den Vorteil, dass man zu Fuß im Prinzip alles in ein bis zwei Stunden gesehen hat. Vom Stundturm bis zur Graf Dracula Büste, von den Festungstürmen an den Ecken bis zur Schultreppe, die über hunderte Stufen hinauf zu einem Aussichtspunkt führt.
4. Tipp: Restaurantbewertungen und -Menüs vorher lesen
Viele Lokale sind inzwischen auf Tourist*innen spezialisiert, das merkt man auch am Angebot. Überlegt euch vorher genau, was ihr essen wollt und sucht euch ein entsprechendes Lokal heraus. Die Bewertungen auf Google Maps schaue ich mir immer genau an und das war auch gut so. Was vor ein paar Jahren noch gut war ist inzwischen vielleicht nicht mehr empfehlenswert. Wir waren in verschiedenen Restaurants und ich fand alle davon gut, aber nicht herausragend. Kein Vergleich zu Brasov oder Sibiu, dafür aber nicht gerade billig. Wir waren zufrieden bei Casa Georgius Krauss. Hier gibt es gehobene rumänische Küche, Angebote für Vegetarier*innen und Veganer*innen sind vorhanden (ich empfehle z.B. den Kürbissalat) und diese sind deutlich günstiger als Fleischgerichte. Reservieren konnte man hier nicht, also früh kommen, wenn ihr dort essen gehen wollt. Aber nicht zu früh – als ich um kurz vor 18 Uhr dort war, wurde mir mit unfreundlichem Gesichtsausdruck mitgeteilt, dass erst ab 18 Uhr geöffnet ist (dabei habe ich brav draußen gewartet). Ein gutes italienisches Lokal ist La Perla, wo es neben sehr guten Pizzen auch vegane Salate mit Tofu gibt. Das Personal war hier ausnahmsweise sehr freundlich.
In der Casa Cositorarului gibt es Frühstück, theoretisch ab 9 Uhr aber als wir um halb 10 dort aufgekreuzt sind, standen sie noch mit dem Staubsauger mitten im Raum und waren nicht begeistert 😉 Die Pfannkuchen fand ich mittelmässig (schmeckten wie aufgewärmt), aber sie bieten auch Frühstück an (z.B. Brot mit Zacusca) und tolle Kuchen, die man in der Vitrine auswählen kann. Außerdem haben sie viele Bio-Teesorten. Empfehlenswert fand ich außerdem das International Cafe im House on the Rock, wo es tolle selbstgemachte Kuchen gibt. Die sind zwar herrlich, aber die Preise für Rumänien ziemlich übertrieben. Für 2 x Kuchen und Kaffee haben wir ähnlich viel gezahlt wie in München! Und das bei Selbstbedienung… Ihr seht schon, Sighisoara hat Kundenservice nicht mehr wirklich nötig.
4. Shopping: hier findet ihr schöne Textilien
Wenn ihr in einer Stadt in Siebenbürgen schöne “rumänische” Kleidung und Keramik kaufen könnt, dann ist das Sighisoara. Die Shops hier haben sich darauf spezialisiert, bestickte weiße Blusen, Hemden und Kleider anzubieten. Es kostet etwas Mühe, die schönen Sachen zwischen dem ganzen Ramsch zu finden, aber immerhin gibt es hier etwas 😉 In Brasov und Sibiu habe ich kaum Geschäfte gefunden, die Textilien anbieten. Meist kommen rumänische bestickte Kleidungsstücke eher aus einer anderen Region. Also hier zuschlagen (aber handeln nicht vergessen, denn die Preise sind absurd hoch!).
5. Tipp: Raus aus der Stadt!
Wenn ihr wie ich den Fehler gemacht habt, gleich zwei oder drei Nächte in Sighisoara zu buchen, obwohl man nach maximal einem Tag alles gesehen hat, dann fahrt raus aus der Stadt. Die schöneren Gassen und bunten Häuser gibt es definitiv in den Dörfern! Auch wenn die
Fazit: Sighisoara, yay or nay?
Ich persönlich würde sagen: wenn es sowieso auf eurem Weg liegt, schaut vorbei und haltet euch an die oben genannten Tipps. Wenn ihr dafür weniger Zeit in einer anderen, schöneren Stadt oder Region von Siebenbürgen habt, lasst es. Die Stadt ist sowieso schon extrem überlaufen und platzt aus allen Nähten. Bunte Häuser gibt es in den unzähligen Dörfern auch genug. Und wer es nicht so mit Menschenmassen hat, ist dort sowieso ganz schlecht aufgehoben. Da würde ich wirklich empfehlen, auf dem Land zu wohnen und nur einen sehr frühen Tagesausflug dorthin zu machen. Sighisoara ist zwar wirklich schön, aber einfach zu voll. Andere Städte in Rumänien haben mir deutlich besser gefallen!
6 Kommentare
Yvonne
30. September 2019 um 16:18Vielen Dank für den Beitrag! Finde es super, dass du ihn trotz Vorbehalte doch veröffentlicht hast. Nicht jeder Ort sagt einem immer zu und es ist auch gut negative Sachen anzusprechen, um falschen Hoffnungen vorzubeugen 🙂
Ela
1. Oktober 2019 um 9:38Liebe Yvonne, danke für dein Feedback! Das habe ich mir auch gedacht. Sighisoara ist ja trotzdem sehr schön und wen Menschenmassen nicht stören, wird die Stadt sicher lieber mögen als ich 🙂 Das ist ja sehr subjektiv. Aber für mich war es wichtig, meine Gedanken dazu zu teilen – denn ich hatte zuvor trotz intensiver Recherche kaum was dazu gefunden, das über das übliche Sightseeing hinausgeht.
Liebe Grüße,
Ela
Dirk
9. April 2020 um 12:05Hallo Ela, grundsätzlich interessieren mich Beiträge immer besonders dann, wenn sie auch mal etwas beschreiben, das nicht so super ist. Ich bin also vorgewarnt! Von Rumänien kenne ich nur Bukarest. Allerdings muss ich sagen, dass die Fotos in diesem Beitrag in krassem Gegensatz zum Text stehen – wo sind denn die Menschenmassen? Ich sehe nur völlig leere Plätze und Gassen…. Viele Grüsse Der Gute Reisende
Ela
9. April 2020 um 12:07Lieber Dirk, das freut mich zu hören, danke dir. Ich bin auch froh wenn ich ehrliche Meinungen über bestimmte Reiseziele lesen kann, deshalb habe ich mich dazu entschlossen – auch wenn ich Sighisoara nicht schlecht machen wollte, schön ist es ja trotzdem dort.
Die Bilder hab ich bei Regen um 7 Uhr morgens aufgenommen 😉 Bevor die ersten Touribusse in die Stadt rollen… Das ist die einzige Gelegenheit, ein paar Bilder zu machen die nicht voller Menschen sind. Bilder mit Menschen poste ich grundsätzlich nicht ohne ihr Einverständnis, deshalb habe ich tagsüber keine gemacht.
In Bukarest war ich nicht, das muss wohl total anders sein als Transsylvanien!
Liebe Grüße,
Ela
Ute Gebhard
23. August 2022 um 18:15Es ist halt einfach so wie in jeder sehenswerten Stadt Europas 😉 Sie waren ja auch da – nicht nur die anderen. Im August haben halt alle Ferien und das Wetter passt. Daher ist es halt überlaufen – so wie zB
In Venedig etc. – die Menschen, die dort leben, haben auch nicht wirklich Lust auf den Touristenansturm (leben aber gut davon)
Aber – nicht desto trotz ist Und bleibt Schässburg eine wunderschöne, besuchenswerte Stadt.
Aber man muss sich halt auch die richtige Reisezeit aussuchen – ich empfehle da 2. Septemberhälfte ☺️
LG – Ute
Ela
23. August 2022 um 21:06Liebe Ute, danke für deinen Kommentar! Dein Einwand ist berechtigt. Off season ist immer schlauer, geht aber nicht jedes Mal. Ich versuche oft außerhalb der Hauptzeiten zu reisen, z.B. im Dezember an den Gardasee. Im Rest von Transsylvanien fand ich den August auch gar nicht so schlimm, es war wirklich Sighisoara, das da besonders hervorgestochen ist (und Schloss Bran). Macht aber nix, man muss ja nicht mit jeder Stadt warm werden 🙂 Manchmal funkt es und manchmal halt nicht. Immerhin hatte ich traumhaft schönes Wetter während der Rumänien-Reise, das war super!
Liebe Grüße,
Ela