Ich war noch nie im Bayerischen Wald, obwohl ich in Bayern geboren und aufgewachsen bin! Noch immer gibt es einige weiße Flecken auf meiner persönlichen Reisekarte, trotz zahlreichen Reisen in Deutschland und Österreich. Das musste ich also dringend ändern und bin deshalb im September zum ersten Mal in den Bayerischen Wald gefahren. Genauer gesagt ins ARBERLAND im Landkreis Regen! Dort habe ich mich auf einen kulinarischen Streifzug begeben. Die vielen tollen Produkte aus der Region haben mich total begeistert!
Falls ihr euch fragt, wieso die Region ARBERLAND heißt: dort findet ihr Berge, die Großer Arber und Kleiner Arber heißen. Sie sind natürlich das Wahrzeichen der Region und deshalb auch Namensgeber. Ich habe auf einer Rundwanderung den Großen Arbersee erkundet und berichte euch demnächst mehr darüber! Heute soll es aber um Kulinarik gehen, denn in der Region gibt es sehr viele spannende Produkte.
Das Kulinarische Schaufenster
Das Kulinarische Schaufenster ist ein Geschäft in Zwiesel, in dem man eine tolle Auswahl von Produkten aus der Region finden kann. Je nach Jahreszeit und Angebot der Produzenten wechselt das Sortiment, aber es gibt dort immer nur regionale Produkte. Ich durfte einiges probieren und war begeistert von der Vielfalt und den hochwertigen Lebensmitteln. Von Schnaps bis Honig, Marmelade über Kaffee, von Brot bis Ziegenkäse ist die Produktauswahl sehr vielseitig. Toll finde ich, dass die Produkte genauso viel kosten wie direkt bei den Erzeuger*innen. Dadurch sind sie verhältnismäßig günstig und der Gewinn bleibt bei den Produzent*innen. Viele Einheimische nutzen das Kulinarische Schaufenster für regelmäßige Einkäufe ihrer Lieblingsprodukte. So können sie sich den Weg zum Bauernhof, der Imkerei usw. sparen und alles an einem Ort kaufen.
Die Ziegenmilchprodukte kommen übrigens von einem Hof mit etwa 200 Ziegen in der Nähe. Die Besitzerin des Hofes hat vor einiger Zeit auf Ziegenmilch umgestellt und ist mit ihren köstlichen Produkten sehr erfolgreich. Ich habe den Käse mit Bockshornklee probiert und fand ihn hervorragend. Auch der Ziegenfrischkäse mit Kräutern war köstlich. Neben verschiedenen Käse- und Frischkäsesorten gibt es natürlich auch Milch und Joghurt. Außerdem findet man im Kulinarischen Schaufenster leckere Marmeladen und Eingemachtes. Die Kornellkirschenmarmelade fand ich so lecker, dass ich gleich ein Glas davon kaufen musste. Die Blaubeeren werden im Sommer gesammelt und in Gläsern konserviert. Besonders spannend fand ich auch einen süßen Aufstrich aus Zucchini und Butter, der mich ein bisschen an Lemon Curd erinnert hat. Hier entdeckt man echte kulinarische Highlights!
Aber es gibt nicht nur essbare Produkte, sondern zum Beispiel auch Naturkosmetik, handgemachte Seifen aus einer regionalen Manufaktur und von Hand bedruckte Stofftaschen oder Kissenbezüge. Letztere stellt der letzte Blaudrucker aus der Region seit vielen Jahrzehnten selbst her. Er besitzt einzigartige Druckmotive, die sonst längst verloren gegangen wären! Man kann wunderschöne Stofftaschen, Kissenbezüge oder Tischdecken erwerben. Wer mehr Auswahl möchte, kann ihn auch direkt in seiner Werkstatt besuchen. Das Team im Kulinarischen Schaufenster verrät euch gern die Adresse.
An einem Tisch mit gemütlicher Sitzbank kann man sich bei einem Kaffee oder Tee aufwärmen. Der Kaffee kommt aus der Kaffeerösterei Kirmse im gleichen Ort, die ich später auch noch besuchen durfte. Das Haus wurde übrigens von Firmen aus der Region renoviert. Die Stühle und Holzbank hat eine lokale Tischlerei angefertigt. Ich finde es toll, dass der regionale Gedanke schon beim Umbau des Hauses beachtet wurde. Das Team vor Ort kennt übrigens alle Produzent*innen persönlich und hat die meisten Produkte selbst probiert. Es lohnt sich also, nachzufragen und den spannenden Geschichten rund um die Produkte zu lauschen!
Individuelle Geschenkkörbe stellen die Mitarbeiter*innen übrigens auch gern zusammen, egal ob zum Geburtstag oder zu Weihnachten. Dort findet ihr zahlreiche schöne Geschenkideen!
Kaffeerösterei Kirmse in Zwiesel: Kaffee de Luchs und Kaffeekirschen-Tee
Schon im Kulinarischen Schaufenster war mir der Kaffee de Luchs aufgefallen. Was hat es mit diesem außergewöhnlichen Namen auf sich? Die Antwort verriert mir Jens Kirmse persönlich in seiner Kaffeerösterei in Zwiesel. Wie ihr wisst, trinke ich am liebsten fair gehandelten Bio-Kaffee. Da war ich genau an der richtigen Adresse! Kirmse hat bereits zahlreiche Kaffeeplantagen persönlich besucht und kennt seine Händler*innen. Die Qualität des Kaffees ist nicht vergleichbar mit Bio-Kaffee aus dem Supermarkt. Davon konnte ich mich mit eigenen Augen vor Ort beim Vergleich der Bohnen überzeugen.
Nur von Hand geernteter Kaffee bietet die perfekte Qualität, wer mit großen Erntemaschinen ausfährt, erntet nämlich unreife Kaffeekirschen und Zweige mit. Meist wird hier auch ordentlich Unkrautvernichter versprüht, damit nichts anderes zwischen den Kaffeepflanzen wächst, das dann mit in die Ernte gerät. Steinchen und Zweige findet man leider recht oft im Kaffee kleiner Röstereien – dabei kann man diese mit einer Maschine aussortieren. Diese zusätzliche Maschine leisten sich aber viele nicht.
Bei meinem Besuch durfte ich einen Blick in das spannende Kaffeemuseum werfen, das zum Geschäft gehört. Kirmse trägt dort seit Jahrzehnten Antiquitäten aus der Welt des Kaffees zusammen. Verkosten und Einkaufen darf man natürlich auch vor Ort. Spannend finde ich zum Beispiel den Kaffeekirschen-Tee, der aus den Früchten der Kaffeepflanze aufgebrüht wird. Normalerweise werden diese einfach entsorgt – obwohl sie einen tollen Geschmack haben. Daraus einen Tee zu machen finde ich toll. Er schmeckt leicht nach Mate-Tee und ist definitiv etwas Besonderes. Auch den berühmten Katzenkaffee gibt es in der Kaffeerösterei Kirmse. Jede Spezialität ist hier zu finden!
Der Kaffee de Luchs hat aber mit dem Katzenkaffee nichts zu tun (obwohl der Gedanke naheliegen würde). Im Bayerischen Wald ist der Luchs heute wieder zu finden – nachdem er vor rund 150 Jahren dort ausgerottet wurde. Es gibt im Nationalpark Bayerischer Wald eine länderübergreifende Population, die sich dort Reviere erschlossen hat. Auch ein Freigehege gibt es im Nationalpark. Dass die ehemals ausgerottete Wildkatze nun wieder in Deutschland zuhause ist, macht den Nationalpark sehr stolz. Deshalb wurde zu Ehren der Großkatze in der Kaffeerösterei Kirmse ein besonderes Produkt entworfen. Der Kaffee stammt aus Guatemala, mit seinem Verkauf werden umweltfreundlicher Anbau und direkter Handel unterstützt. Die Arbeiter*innen vor Ort profitieren vom Projekt, denn sie verdienen rund 40 % mehr als wenn sie den Kaffee auf dem Weltmarkt verkaufen würden. Der Nationalpark kann den Kaffee also guten Gewissens empfehlen!
Das ist jedoch nicht die einzige Sorte, die in der Kaffeerösterei Kirmse angeboten wird – am besten lässt man sich vor Ort beraten und probiert ein, zwei Tassen. Der Kaffee wird in einer wunderschönen, goldfarbenen Maschine gebrüht. Etwas vergleichbares habe ich bisher nicht gesehen! Das neu erworbene Wissen aus der Kaffeerösterei Kirmse habe ich dann erstmal bei einer Tasse Kaffee sacken lassen. Mein Cappuccino aus Zwiesels Goldböhnchen schmeckte herrlich. Einen Besuch in der Kaffeerösterei, am besten mit Schauröstung und Vortrag, kann ich euch sehr ans Herz legen.
Die Bayerwald-Pralinen im Nationalpark Bayerischer Wald
Um zum Haus zur Wildnis zu gelangen, muss man erst einen kleinen Fußweg durch den Nationalpark auf sich nehmen. Das Gebäude befindet sich nämlich auf einem Berg, in schönster Kulisse umgeben von Tierfreigehegen und Wald. Wer schlecht zu Fuß ist, kann sich aber vorab bei der Parkverwaltung eine Genehmigung holen und darf mit dem Auto hinauf fahren.
Im Haus zur Wildnis stellt Konditor Bernhard Bachl die berühmten Bayerwald-Pralinen her. Seit vielen Jahren betreibt er im Nationalpark Bayerischer Wald ein Restaurant, in dem man nicht nur gut zu Mittag essen kann, sondern auch hausgemachte Kuchen und Torten sowie die leckeren Pralinen bekommt. Viele Kuchen und Torten werden nach alten Familienrezepten hergestellt, darunter besondere Kreationen die man nirgendwo sonst findet. Ich habe ein Stück hausgemachten Himbeer-Schoko-Kuchen gegessen und er war herrlich!
Viele Gerichte auf der Karte sind vegetarisch, einige auch vegan. Falls doch mal kein passendes veganes Gericht auf der Karte steht, wird gern improvisiert. Der Koch ist mit dem Konzept vegan vertraut und probiert selbst gern neue Rezepte aus. Ich finde es klasse, dass mitten im Bayerischen Wald so viel Offenheit für den veganen Lebensstil zu finden ist! Doch damit nicht genug: auch das Konzept Zero Waste ist für Bernhard Bachl nicht neu.
Als ich gesehen habe, dass die Pralinen auch in kleinen Tüten verkauft werden, kamen wir auf dieses Thema zu sprechen. Die Tüten sind nämlich aus Cellophan und somit abbaubar. Auch die Schnur, mit der sie zugebunden sind, ist aus Naturmaterialien. Man kann seine eigenen Behälter mitbringen für Kuchen oder Pralinen. Bachl versucht grundsätzlich, im Restaurantbetrieb unnötigen Abfall zu vermeiden. Das fängt beim Essen an aber geht noch viel weiter. Jedes Gericht steht auf der Karte, bis die letzte Portion verkauft wurde – wer den Restaurantbetrieb hinter den Kulissen kennt, weiß, dass das nicht die Norm ist. Oft werden Reste einfach entsorgt, damit täglich neue Gerichte angeboten werden können. Auch bei Bachl wechseln die Gerichte, aber eben nicht unbedingt täglich.
Beim Thema Strohhalme diskutierten wir darüber, welche die besten Optionen für den Restaurant-Betrieb sind. Einige Zeit waren Trinkhalme aus Edelstahl im Gebrauch, leider ließen sie sich zu schlecht reinigen. Mittlerweile wurde wieder auf Papier umgestellt, jedoch werden die Strohhalme nicht automatisch mit jedem Getränk gebracht. Das finde ich toll, denn viele Kund*innen legen sie sowieso gleich zur Seite. Insgesamt war ich nach meinem Besuch wirklich beeindruckt. Biolebensmittel, Nachhaltigkeit und Tradition spielen hier eine wichtige Rolle.
Bei der Pralinenherstellung durfte ich dann sogar zusehen: die kleinen Kugeln werden mit einer leckeren Ganache gefüllt, die Schnaps aus der Region enthält. Es gibt mittlerweile viele verschiedene Sorten Pralinen, die Bachl per Hand füllt. Gerade in der Weihnachtszeit sind sie als Geschenk beliebt. Wenn das Haus zur Wildnis in die Winterpause geht und der Restaurantbetrieb Pause macht, geht die Pralinenproduktion erst richtig los. Die Bayerwald-Pralinen sind nicht nur bei Tourist*innen beliebt sondern auch bei Einheimischen – der günstige Preis für die handgemachten Köstlichkeiten trägt dazu bei.
Im Kulinarischen Schaufenster in Zwiesel sind die Pralinen im Winter ein Verkaufsschlager! Vor allem wenn man weiß, mit wieviel Mühe sie im Nationalpark Bayerischer Wald hergestellt werden.
Dass der Bayerische Wald so viele kulinarische Highlights zu bieten hat, war mir vor meinem Besuch nicht bewusst. Ich bin nicht nur beeindruckt von der wunderschönen Natur und dem sanften Hügelpanorama mit Tannenspitzen, das mich überall begleitet hat. Die Offenheit für ungewöhnliche Produkte, vegane Lebensweise und sogar Zero Waste habe ich dort nicht erwartet. Ich bin froh, dass ich diese Reise gemacht habe und den Bayerischen Wald von einer ganz besonderen Seite kennenlernen durfte!
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