Frankreich/ Reisen

ANGERS: DER ALTE TEPPICH

Angers hat mir vor meiner Reise dorthin überhaupt nichts gesagt. Ich kannte die kleine Stadt nicht und wusste nicht, was mich dort erwarten wird. Bei der Recherche für das Programm vor Ort ahnte ich aber schon, dass es kulinarisch einiges zu entdecken gibt. Vom “alten Teppich” habe ich dann erst vor Ort erfahren – ihr fragt euch bestimmt schon, was es damit auf sich hat.. Die Antwort findet ihr weiter unten in diesem Beitrag, zuerst möchte ich euch ein paar Veggie-Highlights aus Angers* zeigen!
Kirche in Angers

Vegetarisch genießen in Angers

  • Autour d´un Cep
Dieses kleine Lokal in der Nähe des Flusses wird von einem jungen Paar geführt. Jérémie ist Küchenchef, Anne-Laure empfängt die Gäste und empfiehlt regionale Weine zu den entsprechenden Gerichten. Das Lokal hat naturbelassene Tuffstein-Wände und ist sonst eher schlicht und modern eingerichtet. Es gibt eine Tageskarte, aus der man sich ein Menü zusammenstellen kann. Als Vegetarier*In kann man sich bei der Tischreservierung zur Sicherheit nochmal anmelden.
Angers - Autour d'un Cep
Anne-Laure spricht sehr gutes Englisch und übersetzt gern die Tageskarte, wenn man nicht so fit ist beim Französisch-Lesen. Sie ist sehr herzlich, man fühlt sich sofort gut aufgehoben! Der Gruß aus der Küche kam recht schnell – ein Rote-Bete-Shot mit Sahne, der wirklich lecker war.
Rote Bete Shot - Autour d'un Cep

 

Als Vorspeise bekam ich einen Salat mit Rauke und Kirschtomaten. Salate sind ja gern mal langweilig, Grünzeug mit etwas Olivenöl – aber dieser hier hat mich echt begeistert. Das gewürfelte frische Gemüse war so vielfältig und lecker angemacht, dazu etwas Avocadocreme… Herrlich!
Salat - Autour d'un Cep
Als Hauptgericht gab es saisonales Gemüse, auch hier wurde perfekt abgeschmeckt. Gemüse kann langweilig sein oder total begeistern und hier ist definitiv letzteres der Fall. Zum Nachtisch gab es dann noch eine gefüllte Schokoladenkugel mit einer Beerenmousse, dazu frische Himbeeren. Ich muss sagen, dass es eines der besten Restaurants war, die ich während meiner einwöchigen Frankreich-Reise besucht habe! Solltet ihr mal in der Region sein, schaut auf jeden Fall dort vorbei. Es lohnt sich sehr!
Autour d´un Cep, 9 Rue Baudrière, 49100 Angers
Gemüse im Autour d'un Cep
  • Osé
Ein kleines Restaurant mit täglich wechselndem Mittags-Menü. Ein Gericht auf der Karte ist immer vegetarisch, die Produkte sind aus der Region und es wird entsprechend saisonal gearbeitet. Schaut euch die Karte vorher unbedingt an, denn es gibt wirklich nur diese Gerichte. Ich hatte keine Lust auf den Veggie-Burger und habe nach einer Alternative gefragt (zum Beispiel die Beilagen aus dem Fleischgericht), das wurde aber verweigert. Ich habe dann einfach zwei Vorspeisen bestellt, woraufhin ich belehrt wurde, dass ich davon ja wohl nicht satt werden würde. Mein Französisch hat nicht ausgereicht um der Dame zu erklären, dass noch zwei Schokoladen-Verköstigungen nach dem Mittagessen geplant waren 😉
Osé - Angers
Die beiden Vorspeisen fand ich jedenfalls sehr gut, es gab ein salziges Eclair mit Mozzarella, Tomaten und Pesto sowie einen Salat mit Birne und Koriander. Beides hervorragend abgeschmeckt und außergewöhnlich.  Bemerkenswert ist auch das besondere handgemachte Geschirr.Osé, 19 Rue Toussaint, 49000 Angers

Eclair im Osé - Angers

 

Salat im Osé - Angers
  • Maison du Quernon
Was ist wohl ein Quernon? – habe ich mich zuerst gefragt. Und dann gelesen, dass es eine Krokantplatte ist, umhüllt von grauer Schokolade. Das Ganze soll an die Schiefertafeln erinnern, die im Umkreis von Angers viele Jahre lang abgebaut wurden. Eine tolle Idee, die Geschichte der Region in eine leckere Süßigkeit umzuwandeln! Das ist wirklich etwas Besonderes. Der Geschäftsführer Romain Wirtz hat sich Zeit genommen, mir persönlich die Geschichte zu erläutern und mir zu zeigen, wie die Pralinen vor Ort hergestellt werden. Die Quernons durfte ich natürlich auch probieren – sie sind wirklich superlecker und ein tolles Andenken an einen Besuch in Angers.
Maison du Quernon
Besonders witzig fand ich auch den “Maquernon”. Im Gegensatz zu den allgegenwärtigen Macarons ist dieser ebenfalls schiefergrau und enthält einen Mini-Quernon im Inneren! Definitiv einer der besten Macarons, die ich je gegessen habe, weil die kleine knackige Platte im Inneren für das gewisse Etwas sorgt und der Macaron insgesamt nicht so extrem süß war wie es manchmal der Fall ist. Die orangenen Macarons sind übrigens mit Cointreau.
Maison du Quernon - Maquernon
Sogar ein Buch über die Geschichte des Quernon gibt es, in dem auch die Familientradition der Herstellung erläutert wird. Eine regionale Spezialität die etwas ganz Besonderes ist!La Maison du Quernon d’Ardoise, 22 Rue des Lices, 49100 Angers

Maison du Quernon - Quernon
  • Benoit Chocolats
Pralinenherstellung ist immer noch ein Männer-Business. Umso spannender, dass es in Angers eine erfolgreiche Geschäftsfrau und Chocolatiere gibt, die sich in diesem Metier durchgesetzt hat: Anne-Françoise Benoit! Ich durfte sie persönlich treffen und ihr einige Fragen stellen.
Anne-Francoise Benoit - Benoit Chocolats
Eigentlich hat sie studiert und wollte beruflich eine andere Richtung einschlagen, dann hat sie sich aber umentschieden und gelernt, Schokolade in köstliche Pralinen und andere tolle Dinge zu verwandeln. Die Chocolaterie in Angers hat sie von ihrem Vater übernommen und dann sogar ihr eigenes Produkt kreiert – die Caramandes! Das sind dreieckige Karamell-Stücke, überzogen mit dunkler und Vollmilch-Schokolade.
Noch heute wird Anne-Françoise von Kunden gefragt, wer denn die Pralinen herstellt und erntet ungläubiges Staunen, wenn sie erklärt, dass sie das selbst macht. Ich finde es beeindruckend, dass sie sich davon nicht hat beirren lassen und sogar unter die zwölf besten Chocolatiers in Frankreich gewählt wurde!
Benoit Chocolats
Schaut unbedingt bei Benoits Chocolats vorbei, wenn ihr in Angers seid. Es gibt neben der Chocolaterie auch noch ein kleines Cafe, in dem man Tee und Kaffee bekommt, Macarons und Petits Four.Benoit Chocolats, 1 Rue des Lices, 49100 Angers

  • L’Épicere 2 Pauline 
Angers hat sogar einen eigenen Unverpackt-Supermarkt! Ich finde es so klasse, wie sehr diese Bewegung in Frankreich schon etabliert ist. Der Laden wird von zwei Frauen betrieben die beide Pauline heißen und hat daher seinen kuriosen Namen. Es gibt Obst und Gemüse aus der Region, frisches Brot aber auch Spender mit Reis, Nudeln, Mehl und allem was man so braucht.
L’Épicere 2 Pauline, 1 Rue Saint-Martin, 49100 Angers
Epicere 2 Pauline Angers

Sehenswürdigkeiten

Tja, und dann war da noch…
  • “Der alte Teppich”
Angers hat ein eigenes Schloss, das man besichtigen kann. Dort befindet sich zum Beispiel ein Museum, eine Festungsmauer über die man laufen und über die Stadt schauen kann, sowie ein stockdunkler Raum mit einem alten Teppich. Genauer gesagt handelt es sich hierbei um den “Teppich der Apokalypse”, der die Offenbarung des Johannes auf 103 Metern Länge zeigt – ursprünglich war er sogar 140 Meter lang, wobei einige Teile leider im Laufe der Jahre verschollen sind. Er ist somit der längste Wandteppich der Welt und einer der ältesten noch dazu – er stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist erstaunlich gut erhalten.
Teppich der Apokalypse in Angers
Als mein Stadtführer Jürgen Bartelheimer mir das Programm für den Tag erklärt hat, erwähnte er auch, dass wir später noch einen besonderen Wandteppich anschauen werden, der sehr alt ist und eine wichtige Sehenswürdigkeit. Manchmal trage ich das Herz auf der Zunge und meinte spontan: “Ich weiß ja nicht, ob mich der alte Teppich wirklich interessiert.” Daraufhin ist er in schallendes Gelächter ausgebrochen, denn tausende Touristen kommen nach Angers um genau diesen Teppich zu sehen und er ist wirklich ein einzigartiges Meisterwerk. Der “alte Teppich” wurde dann zum Running Gag…
Teppich der Apokalypse in Angers
Ab dem Moment, wo wir dann den stockdunklen Raum mit dem Wandteppich betreten haben, hat mich dann aber doch die Ehrfurcht ergriffen. Der Raum ist so dunkel, damit die Farben des Teppichs erhalten bleiben – fast wie im Kino ist die Atmosphäre, wenn man dann vor den bunten Bildern steht. Ich bin nicht religiös und kenne die Geschichte der Offenbarung des Johannes nicht. Jürgen dafür umso besser – seit 20 Jahren beschäftigt er sich mit dem Teppich und der Deutung von Szenen, die dort dargestellt werden. Es ist wahnsinnig spannend, ihm zuzuhören und die Symbolik der Bilder erläutert zu bekommen.
Ich kann euch wirklich nur sehr stark ans Herz legen: wenn ihr dort seid, bucht eine Führung – am besten bei Jürgen. Wenn euch niemand erklärt, was es mit diesem Teppich und den verrückten Szenen auf sich hat, macht es nur halb so viel Spaß. Ich weiß jetzt zum Beispiel auch, dass blutende Lämmer immer Jesus symbolisieren sollen und offene Haare bei Frauen der Inbegriff der Sünde waren. Die Szenen zeigen, wovor sich die Menschen zur damaligen Zeit gefürchtet haben.
Schloss von Angers
Schloss von Angers
Ich hätte mir wirklich nicht vorstellen können, dass ich mehr als eine Stunde lang in einem dunklen Raum stehe und einen alten Teppich anstarre – aber so ist es im Leben, es kommt immer anders als man denkt. Ich war geradezu gebannt von Johannes’ Visionen und den Theorien zur Deutung der Szenen!
  • Galerie von David D’Angers
Eine ehemalige Kirche wurde renoviert und dient nun als Ausstellungsort für Gips-Statuen des Bildhauers David D’Angers. Geht unbedingt gegen 10 – 11 Uhr dorthin, denn genau zu dieser Zeit strahlt die Sonne durch das Muster der Wand hinein und taucht die Statuen in goldenes Licht. Das Dach wurde durch eine Glaskonstruktion ersetzt, also auch architektonisch ein besonderes Bauwerk.
Museum von David D'Angers
Außerdem hat sich Davids bester Freund im Mittelalter für die Unabhängigkeit der Presse eingesetzt und seine eigene (werbefreie) Zeitung herausgebracht. Ein Konkurrent hingegen veröffentlichte Werbung in seiner Zeitung, woraufhin eine heftige Diskussion entbrannte, die in einem Duell endete. Leider zog Davids Freund den kürzeren und starb beim Duell – zahlreiche Büsten und Statuen erinnern jedoch an sein Vermächtnis.
Galerie David d’Angers, 31 Bis Rue Toussaint, 49100 Angers
  • Fachwerkhäuser und Altstadt
Angers hat auch einige besondere Fachwerkhäuser zu bieten, die mit interessanten und lustigen Schnitzereien verziert sind, zum Beispiel das Maison d’Adam. An der Hauswand tummeln sich ein Krokodil und allerlei kuriose Gestalten. Es wurde von einem reichen Apotheker errichtet, denn je mehr Geld man damals hatte, desto mehr Verzierungen am Haus konnte sich der Besitzer leisten.Es lohnt sich, durch die Gassen der Altstadt zu laufen und sich etwas Zeit zu nehmen, die verschiedenen Fachwerkstile zu bestaunen.

Fachwerkhäuser in Angers

 

Altstadt von Angers

 

Fachwerkhäuser in Angers
  • La Maine
Der Fluß teilt die Stadt – bei Sonnenuntergang treffen sich auf der Altstadtseite beim Brunnen gegenüber der Brücke zahlreiche Studenten. Die untergehende Sonne bescheint die Kirche, die man über Stufen vom Brunnen-Platz aus erreichen kann. Ein schöner Anblick und einen kleinen Abendspaziergang wert!
La Maine
*Mit diesem Beitrag nehme ich am #FrenchCityAward
teil, den das französische Tourismusamt / Atout France ausgerufen hat.
Ich bedanke mich für die Einladung zur Reise und die Organisation des
Programms bei Atout France und Offices de Tourisme d’Angers et sa région.

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6 Kommentare

  • Antworten
    Sabrina
    2. November 2016 um 10:40

    Haha, da ist er ja, der besagte Teppich! 🙂 Klingt tatsächlich deutlich spannender und wirkt imposanter, als man meinen mag. Die Maquernons schauen toll aus, würde ich jetzt auch nehmen. Danke für den kulinarischen Ausflug!
    LG
    Sabrina

    • Antworten
      Ela
      3. November 2016 um 9:48

      Danke Sabrina! Von den Maquernons träume ich immer noch.. Zu schade, dass ich keine mitnehmen konnte – die wären mir aber auf der Zugfahrt zerbröselt 🙁
      Liebe Grüße,
      Ela

  • Antworten
    Mia
    3. November 2016 um 9:43

    Hach Ela, du versetzt mich hier regelmäßig in Frankreich-Fernweh! Deine Tipps sind alle schon ganz fest für den nächsten Frankreichtrip im Hinterkopf abgespeichert.
    Die liebsten Grüße zu dir, Mia

    • Antworten
      Ela
      3. November 2016 um 9:49

      Liebe Mia, hihi das freut mich! Frankreich ist auch echt ein tolles Urlaubsziel. So toll, dass ich dieses Jahr schon vier Mal dort war 😉
      Liebe Grüße,
      Ela

  • Antworten
    Die Checkerin
    3. November 2016 um 16:34

    Ela!
    Ich kommentiere zu wenig bei Dir. Weil man gar nicht oft genug sagen kann, was für ein tolles Talent Du hast, man. Momente einzufangen. Mich jedes Mal neugierig machen (und hungrig -.-). Ich kenne kaum einen Blog, bei dem ich jeden verdammten Artikel in mich aufsauge, obwohl es mich manchmal anfänglich nicht mal interessiert.
    Echt.
    DANKE!

    • Antworten
      Ela
      4. November 2016 um 9:28

      Sandra! Du bist so lieb, rettest mir echt den Tag mit deinem Kommentar – vielen Dank, das freut mich echt enorm!
      Und ich muss mir an die eigene Nase fassen, ich kommentiere auch zu wenig bei dir obwohl ich alles lese, bzw. generell kommentiere ich derzeit wenig auf Blogs und das ist echt doof. Ich merk ja gerade selbst wieder, wie irre man sich freut, wenn jemand einen Artikel über nen alten Teppich gut findet! 😉
      Liebe Grüße,
      Ela

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